Text & Fotos von Martin Donat. Dieser Artikel erschien im lifeCYCLE Magazine #9.
Ich gebe zu, ich hatte Bilder im Kopf, als ich „RTF“ hörte. Bilder von alten Herren in 80er-Jahre-Lycrashorts, die vor zwanzig Jahren noch von glattrasierten Muskeln gefüllt waren, heute aber lose an den schlaffen Seniorenbeinchen herunterflattern. Bilder von einstigem Hightech aus Stahlrohr und Muffen, heute mit dem edlen Charme eines Klassikers. Bilder von laminierten Selfmade-Startnummern mit selbstdesigntem Werbelogo vom Traditions-Fahrradhändler von nebenan und von ausgeschnittenen RTF-Papppfeilen an jeder dritten Laterne. Bilder, die mich jedenfalls bislang nicht dazu ermutigten, mich dieser Spielart des Radsports zu widmen. Bis ich von Jens Böhm angeschrieben wurde.
Jens Böhm ist Grundschullehrer und Familienvater aus Düsseldorf, der von sich selbst behauptet, keine anderen Hobbys zu haben, außer dem Radfahren, womit er mir grundsätzlich schon mal sympathisch erschien. Er stellte sich mir als „Verjüngungsbeauftragter“ der RTF Büttgen vor und zog damit meine Aufmerksamkeit auf sich. Den schlabbrigen Lycrabuxen ein bisschen frischen Wind einzuhauchen klang für mich nach einem interessanten Plan. Warum denn nicht? Vieles ist alt, aber gut und außerdem geht es ums Radfahren. Mit dem Velodrom in Büttgen als Ausgangspunkt der Tour stellten sich zudem durchweg positive Assoziationen ein. Kurzerhand trug ich den Termin in meinen Kalender ein: Mitte Oktober werde ich eine RTF bestreiten – meine erste RTF. Und damit eine Radsportveranstaltung, auf der selbst ich endlich mal wieder den Altersdurchschnitt senken kann. Bis zum großen Tag dauerte es noch eine Weile. Zeit für mich, um mich noch ein bisschen mit der RTF-Kultur auseinanderzusetzen.
Die RTF an sich hat ihren Ursprung in den 1970er Jahren. Damals standen die drei Buchstaben noch für „Rad-Touristik-Fahrt“ und die Grundidee war es, den Vereinssport locker und ohne Renndruck auch dem „Normalo-Radler“ näherzubringen. Die RTF in Büttgen gibt es seit 37 Jahren. „Früher wurde die RTF aber auch schon in großer Zahl von Leuten genutzt, die aus unterschiedlichen Gründen keine Rennen mehr fuhren“, berichtet mir Jens, der sich für mich mal bei den älteren Teilnehmern der RTF Büttgen umgehört hat. „Böse Zungen sagen, der klassische RTFler habe die Kinder groß und die Knochen vom Fußball kaputt. Anfang der 80er Jahre waren sowohl jede Menge ehemalige Rennfahrer dabei, als auch ehemals ambitionierte Jugendliche. Darum galten diese Ausfahrten auch als Abklatsch von Rennen, aber eben an die Gegebenheiten und an den Straßenverkehr angepasst. Es war also ein Zwischending aus Rennen und Wanderfahrten, wobei – Zitat – ‚Wanderfahren was für Leute mit geradem Lenker‘ sei. Der Schnitt sei früher jedenfalls deutlich höher gewesen und RTFs an sich deutlich größer und getrieben von einem gesunden Vereinsleben“.
Offenbar gibt es viele Fahrer, die zwar gern gemeinsam mit anderen Touren fahren, ein paar Punkte dabei sammeln und bei Schnittchen und Limo zusammen Pause machen – die Organisation bleibt aber an denen hängen, die es seit eh und je tun. Und die langsam aber sicher immer weniger werden.
Martin Donat
Und heute? Die Bedeutung vom Kürzel „RTF“ wurde irgendwann mal offiziell in „Rad-Touren-Fahrt“ geändert, was an der Sache aber nicht viel änderte: „Für eine Sportveranstaltung ist der Altersdurchschnitt schon sehr hoch“, weiß Jens. Das Konzept der Touren ist im Grunde gleich geblieben. Es ist einfach zu verstehen und funktioniert heute noch wie damals. RTFs sind keine Rennen, trotzdem kann sich auf lockere Art und Weise und auf unterschiedlich langen Runden messen, wer sich messen will: Es gibt Stempel an den Kontrollstationen und Punkte für absolvierte Fahrten. „Genau dieses Punktesammeln steht bei vielen Älteren im Mittelpunkt“, erklärt mir Jens. Viele Jüngere nutzen hingegen die Infrastruktur einer solchen Veranstaltung gerne, sind aber häufig keine Vereinsmitglieder. Sie nehmen dann den höheren Startobolus in Kauf und starten vereinsfrei als sogenannte ‚Trimmfahrer‘.“ Es ist natürlich einerseits schön, so überhaupt neue Menschen ins Boot zu holen. Andererseits, so erzählt mir Jens, ist genau diese Unverbindlichkeit auch ein Teil der Problematik: „Da diese jungen Leute oft keine Mitglieder eines Vereins sind, helfen sie natürlich auch nicht bei der Ausrichtung von RTFs. Da wir, wie die meisten Vereine, kaum noch Nachwuchs für die RTF-Abteilung generieren, werden schon regelmäßig RTFs aufgrund von ‚Personalmangel‘ abgesagt.“ Mit anderen Worten: Offenbar gibt es viele Fahrer, die zwar gern gemeinsam mit anderen Touren fahren, ein paar Punkte dabei sammeln und bei Schnittchen und Limo zusammen Pause machen – die Organisation bleibt aber an denen hängen, die es seit eh und je tun. Und die langsam aber sicher immer weniger werden.
Jens fährt schon seit einer gefühlten Ewigkeit Fahrrad. Wie bei vielen Radlern ging es schleichend los. Der erste Radurlaub war die Einstiegsdroge, danach nahm die Geschichte ihren Lauf. Und das, obwohl Jens das Autofahren quasi in die Wiege gelegt war: „Ich bin gebürtiger Sauerländer, da lernt man das Autofahren.“ Zum Glück verschlug es Jens nach Münster, wo das Fahrrad einfach dazugehört. „Während des Studiums war dann irgendwann meine Karre kaputt und kein Geld da für Ersatz. Da musste ich mich eben noch öfter aufs Fahrrad setzen. Seitdem bewege ich mich durchgängig ohne Auto fort“. Nach dem Studium kam der Umzug nach Neuss und mit ihm der Einstieg ins RTF-Wesen: „Meine erste RTF fuhr ich mit Freunden. Wir wollten eigentlich am Wochenende eine Challenge in Belgien fahren, haben diese aber damals aufgrund von Anschlägen abgesagt, da wir alle keinen Bock auf eine Massenveranstaltung hatten. Also haben wir uns bei mir einquartiert und sind von dort aus Tagestouren gefahren. Einer wusste von einer RTF in der Nähe. Da sind wir dann hin und hatten Gefallen daran. Wir konnten gemeinsam starten, unterschiedliche Strecken fahren und uns anschließend im Ziel wiedertreffen. Parallel fuhr unser älterer Sohn regelmäßig auf der Radbahn in Büttgen, so war schon mal der erste Kontakt zum Verein da. Beim ersten Straßentraining haben sie ihn aber so aus den Schuhen gefahren, dass alle Motivation, den Radsport mit einem Leistungsgedanken behaftet zu betreiben, passé waren. Das war mir allerdings ganz recht, denn ich hatte überhaupt keinen Bock darauf, so ein Radsportpapi zu werden – schließlich wollte ich selbst auch noch fahren und nicht Juniors ‚Trainer‘ werden. Da er allerdings Gefallen an der Rennradfahrerei gefunden hatte, machten wir uns auf die Suche nach Alternativen und landeten schlussendlich bei der RTF-Sache. Hier konnten wir gemeinsam Radsport ohne wirklichen Wettkampfgedanken betreiben. Ein Jahr später stieg der kleine Bruder mit ein. Seitdem gewinnen unsere Kids die RTF-Bezirkswertung im Bereich Schüler – bisher immer als einzige Teilnehmer ihrer Klasse.“
Hinter ein paar Tischen steht ein Typ mit Pinkem Hoodie, blauer Truckercap und Sonnenbrille und lässt im Akkord sein Küchenmesser durch den Schmalz schnalzen, um das würzige Schlachtfett mit Schmackes auf ein halbes Rosinenbrötchen zu schmieren.
Martin Donat
Es scheint, als sei die RTF genau das richtige Format für Jens und seine Familie – und somit hätte die gute alte RTF auch für viele ähnlich gestrickte Radler größtes Potential. Ein bisschen Challenge, ein bisschen Veranstaltungsflair, Stempel, Punkte, Schnittchen und das alles ohne Rennstress und unnötigen Druck. Eine sportliche Radtour für die ganze Familie. Und doch eine Veranstaltung, an der vorwiegend ältere Radfahrer teilnehmen. Kein Wunder also, dass in Jens der Wunsch entstand, zumindest die RTF in Büttgen am Leben zu erhalten, vielleicht ein bisschen zu entstauben und auch für Radfahrer unter 60 attraktiver zu gestalten. Aber wie soll das gehen? Jens hat da durchaus ein paar Ideen: „Das beginnt mit etwas ‚Punkrock‘ an der Kontrolle, den uns in diesem Jahr die bunten Hunde von ‚lifeisaride‘ bescheren. Ein Angriffspunkt wäre aber auch die Verpflegung: Schmalzstullen und Fertigfrikadellen, oft noch verpackte Eierwaffeln und andere Scheußlichkeiten könnte man sicherlich durch zeitgemäßere Sportsnacks ersetzen. In Büttgen hätten wir noch eine weitere tolle Ergänzung: Wir könnten hier die Bahn nutzen und im Rahmen der RTF Radbahn-Proberunden und -Trainings anbieten. Eine andere Idee wäre ein lockeres Battle auf einer Art Zeitfahrabschnitt zum Beispiel mit Stravasegmenten“.
Der große Tag ist gekommen. Früh des Morgens mache ich mich per S-Bahn auf den Weg nach Büttgen – wie praktisch, die RTF hat quasi ihren eigenen Bahnhof. Als ich am Ort des Geschehens ankomme, stellt sich mein Anreise-Konzept als durchaus unkonventionell heraus: Während die Bahn angenehm leer war, ist der Parkplatz des Sportforums Kaarst-Büttgen proppevoll. Der gut situierte RTF-Routinier reist eben im eigenen PKW an. Und das, obwohl es mittlerweile einen „Sternfahrtmodus“ gibt, bei dem die mit dem Fahrrad zurückgelegten Kilometer von zu Hause zum RTF-Start auf die Punkte angerechnet werden. Die guten alten Gewohnheiten aufzubrechen – dafür braucht es offenbar ein bisschen mehr, als eine lütte Klimakrise. Diese Einstellung zu verändern ist sicherlich auch Teil der Challenge für Jens und sein Modernisierungsprogramm.
Die Radbahn in Büttgen kenne ich bereits. Sie bietet die wohl coolste Atmosphäre, die man sich für den Start einer großen Radtour vorstellen kann. Die beeindruckend große Halle mit ihrer hölzernen Bahn bietet viel Platz für die Anmeldung samt langer Ansteh-Schlange und macht schon mal richtig Bock auf Fahrradfahren. Da kurzfristig ein Drucker seinen Geist aufgegeben hat, sind die Orgaleute mächtig am rotieren und es dauert ziemlich lange, bis alle mit Startnummern versorgt sind. Während viele noch warten, machen sich draußen die ersten auf den Weg. Ich schließe mich einer Gruppe von Rennradfahrern an, in der Hoffnung, dass ich mit meinen breiten Gravelreifen mithalten kann, obwohl mir gesagt wurde, dass möglicherweise der ein oder andere dieser Gruppe sein kleines Rennen fährt. Meine Befürchtungen bestätigen sich. Im Stadtverkehr reihen sich sportliche Ampelsprints an aufregende Vollbremsungen, mit einer entspannten Radtour hat das nichts zu tun. Als die RTF-Vorhut die kleine Büttgener Innenstadt verlässt, stellt sich langsam das gleichmäßige Surren der dünnen Reifen ein, das hin und wieder durch das nostalgische Schleifgeräusch von Gummiklötzen auf Aluminiumfelgen unterbrochen wird. Meine breit profilierten Gravelreifen sind der surrende Konterpart im Zeichen der Modernisierung. Und sie sind einer der Gründe, warum ich nach wenigen Kilometern einen ersten Fotostopp improvisiere, der vornehmlich dem Zweck dient, wieder Luft zu bekommen. Kein Wunder, dass der Begriff „Touristik“ einst aus dem Namen gestrichen wurde…
Während ich mit meiner Kamera auf dem Grünstreifen neben der Straße liege, fahren einige RTF-FahrerInnen an mir vorbei und vermitteln mir einen guten Eindruck über das restliche Teilneh-merfeld. Ein paar Hobbyrennradler in gemäßigterem Tempo sind ebenso dabei, wie zwei Seniorinnen auf Treckingrädern, ein paar typische ReiseradlerInnen und der ein oder andere Radfreund, der – zumindest rein optisch – endlich den guten Vorsatz umsetzt, mal wieder eine Fahrradtour zu fahren. Zwischendurch rauschen immer wieder Gruppen beinrasierter Lycraträger im Rennfahrerdress an mir vorbei. Es ist ein buntes Bild, zu dem die Sonne scheint und der Wind weht. Letzterer gehört zu einer Radtour am Niederrhein untrennbar dazu. Ebenso wie die durchaus spezielle Kulisse, bestehend aus Kohlekraftwerken und deren Ausdünstungen, Windkraftanlagen (im Sinne der Erneuerung) und den unfassbar weitläufigen Braunkohletagebauen rund um Garzweiler. Im Kampf gegen den Wind bin ich durchaus gefordert. Es ist eine sportliche Radtour, auf der ich mich hier befinde, die aber aufgrund der vielen Eindrücke unglaublich kurzweilig ist. Ehe ich mich versehe, sind die ersten 30 Kilometer verstrichen und ich rolle durch Rommerskirchen, wo sich der erste Kontrollstopp befinden soll – powered by „lifeisaride“, dem Häppchen Punkrock zwischen Schmalz und Nutella.
Ein knallbuntes Banner kündigt die „lifeisaride“-Kontrollstation an. Hinter ein paar Tischen steht ein Typ mit pinkem Hoodie, blauer Truckercap und Sonnenbrille und lässt im Akkord sein Küchenmesser durch den Schmalz schnalzen, um das würzige Schlachtfett mit Schmackes auf ein halbes Rosinenbrötchen zu schmieren. In der vegetarischen Variante gab es Nutella. Die Nachfrage war scheinbar groß – Veggie-Schnittchen sind aus. Die Altherrenbrigade lässt sich weder davon noch von den grellen Farben abschrecken. Es wird gesnackt, geschnackt und genossen. Während es auf der Straße eher ruhig zuging, findet hier der gesellige Teil der RTF statt. Hier gibt es nicht nur Nahrung, sondern auch soziales Miteinander. Und so treffen hier zwangsläufig allerlei verschiedene „Typen“ RadfahrerInnen aufeinander. Die beiden älteren Damen, die schon ganz früh los sind und so trotzdem auf die Gruppe Rennfahrer trifft, die schon länger hier ist. Der Vati mit seinem Sohnemann im gelben Einheitslook und die beiden Kumpels, der eine glattrasiert mit Radlercap, der andere mit langem Hipsterbart und Sonnenbrille. Die Stimmung ist gelassen und man unterhält sich, worüber sich Radfahrer am liebsten unterhalten: Über das schöne Wetter, über die schöne Route und über die schönen Fahrräder.
Ob fitter Kilometerbolzer oder der Senior, der auf dem Rad sicherer wirkt, als zu Fuß. Ob die Kids mit ihrem Dad, die beiden reifen Damen oder die ergrauten „Best-Ager“, die sich heute nochmal jung fühlen dürfen. Heute sind sie alle einfach nur eines: Radfahrer.
Martin Donat
Es ist keine Rundumerneuerung, die ich hier spüre, keine Revolution. Eher ein laues Lüftchen der Erneuerung in Gestalt einer Crew, die sich sonst eher mit Crits und Fixed Gear, statt mit RTFs und Rennern abgibt. Ich frage Alex, den Kopf hinter „lifeisaride“, wie Pink und Schmalz zusammenpassen. „Wer nichts Neues ausprobiert, bleibt auf der Stelle“, beginnt Alex seine Erklärung. „Jens hatte mich gefragt, ob ich nicht Lust hätte, mal bei einer RTF zu helfen beziehungsweise ob wir nicht als lifeisaride-Team mal ’nen bunten Stand machen möchten. Bei sowas bin ich sofort dabei. Ich selbst bin vor vielen Jahren meine erste RTF gefahren. Damals sogar mit einem Fixedgear Rad und ganz alleine. Man könnte also sagen, dass wir da einfach so reingerutscht sind. So, wie wir auch in die Sache mit den Crits reingerutscht sind. Da hatte mich auch mal der Organisator eines größeren Events gefragt, ob ich da nicht was machen könnte. Da das Ganze Spaß macht und positiv von den Leuten angenommen wird, machen wir einfach weiter. Nächstes Jahr dann eben Crits und eine RTF.“
Es ist ein kleines Detail, aber irgendwie – so scheint es mir – ein guter Anfang. Immerhin: das knallige „lifeisaride“-Farbkonzept sticht ins Auge und dürfte den ein oder anderen dazu veranlassen, einfach mal nachzufragen, was dahinter steckt. Alex erklärt’s gern: „Es gibt die Taschen, also das ‚lifeisaride‘-Label und das Team. Das Label gab es zuerst. Dahinter stecke ich. Das Ganze ist enstanden aus dem Vorhaben mir eine Cyclecap zu nähen. Da ich weder Ahnung noch eine Nähmaschine hatte, begann ich zunächst auf der Nähmaschine bei einer Bekannten. Irgendwann kamen zu den Caps Taschen dazu und ich bekam für meine Ideen viel positives Feedback. Also machte ich immer weiter. Da ich ja selbst auch Rad fahre und in der Fixedgear-Szene unterwegs bin, habe ich für mich und ein paar Freunde einfach mal günstige schwarze Trikots gekauft und selbst bedruckt. Ab da gab es dann halt das ‚lifeisaride‘-Team. Durch cooles Auftreten und die Verstrickung mit der Marke kamen hier und da mal Anfragen von Radlern, die auch dabei sein wollten. Manche passten gut ins Team, manche nicht. So hat sich das Team bis heute formiert. Die Designs für Startnummern für Crits, Trikots, Flyer und so weiter mache ich alle selbst. Ganz kurz gesagt ist es so: Das lifeisaride-Team ist ein Zusammenschluss aus fitten Freunden, die gern Rad fahren. Ich bin natürlich dankbar, dass mir das noch eine zusätzliche Präsenz bietet.“
Und nun steht er hier und schmiert Schnittchen. Gemeinsam mit Jens übrigens, der diese Schmalz-Sache allerdings eher skeptisch sieht: „Immerhin hatte ich lange nicht mehr so zarte Hände, wie nach der Verarbeitung von 1,5 Kilogramm Schmalz“, scherzt er und lässt gleichzeitig durchblicken, dass es möglicherweise künftig alternative Snacks geben könnte. „Wir denken sogar ernsthaft darüber nach, zumindest die Kontrolle in Rommerskirchen im nächsten Jahr mit Lastenrädern zu versorgen“ – diese Sache mit der Verjüngungskur gefällt mir immer mehr! Trotzdem muss ich mal weiter. Immerhin warten noch rund 80 windige Kilometer auf mich. Also verdrücke ich noch ein Rosinenbrötchen ohne alles und schwinge mich auf mein Rad. Weiter geht’s durch eine interessante Kulturlandschaft, die zum Nachdenken anregt: All die Spuren, die der Mensch hier hinterlässt, nur um sich mit Energie im Überfluss zu versorgen, sind hier so sichtbar, wie kaum woanders. Hier kann jeder sehen, was die Optionen sind, wenn es nicht der Verzicht sein darf: Hässliche Kraftwerke, gigantische Maschinen, riesige Löcher, Abraumberge, wo es sonst flach wäre, Windräder, Solaranlagen und Geisterdörfer – hier gibt es wirklich alles. Und doch hat diese Gegend ihren Reiz. Hier kann man mitten im Flachland einen durchaus steilen „Berg“ erklimmen, den es früher nicht gab und über Felder sausen, die von gigantischen Windrädern umgeben sind, die mit lautem Rauschen ihren Dienst verrichten. Die Kraft des Windes ist aber auch so stets präsent. Zu Beginn in Form von äußerst kräftezehrendem Gegenwind. Gegen Ende wird daraus ein sehr erfreulicher Rückenwind, der mich und all die anderen mit großer Leichtigkeit zurück nach Büttgen fliegen lässt.
Rund 110 Kilometer lang war die große Runde. Sie war kurzweilig und abwechslungsreich und ich habe interessante Menschen kennengelernt. So eingestaubt das ein oder andere Ritual einer RTF auch wirken mag, so cool und witzig fand ich das Zusammentreffen der Radsportgenerationen, das ich so auf noch keiner anderen Tour erlebt habe. Ob fitter Kilometerbolzer oder der Senior, der auf dem Rad sicherer wirkt, als zu Fuß. Ob die Kids mit ihrem Dad, die beiden reifen Damen oder die ergrauten „Best-Ager“, die sich heute nochmal jung fühlen dürfen. Heute sind sie alle einfach nur eines: Radfahrer. Cool, dass es Leute wie Jens und die lifeisaride-Crew gibt, die den Wert und das Potential dieser Radsport-Tradition erkannt haben und sich darum mühen, sie fit für die Zukunft zu machen. Es lohnt sich, denn die RTF – zumindest die in Büttgen – ist zwar alt, aber gut.